Papierblatt – Holocaust-Überlebende berichten

Unterrichtsentwurf: Die Verfolgung der Juden im Kreis Calw

1. Stunde: Auf dem Weg in den Führerstaat – Die Machtübernahme der NSDAP und die Gleichschaltung im Kreis Calw im Spiegel der lokalen Presse

Einführung

Stiller Impuls des Bildes »Wilhelm Axt auf dem Nagolder Vorstadtplatzbrunnen«

Das Foto wurde am 13.11.1933 aufgenommen, nachdem der Nagolder Kommunist preisgegeben hatte, bei der Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund mit »Nein« gestimmt zu haben. Er wurde von zwei SS-Männern durch die Stadt geführt und eine Stunde auf dem Brunnen bewacht. Im Hintergrund ist das heute noch markanteste Gebäude Nagolds, das Hotel Post, zu sehen.

Erarbeitung und Ergebnissicherung

Mit Hilfe des Arbeitsblattes »Gleichschaltung im Kreis Calw nach der nationalsozialistischen Machtübernahme« (PDF) erarbeiten die Schülerinnen und Schüler, wie sich die Machtübernahme und Gleichschaltung im Kreis Calw vollzogen hat. Dazu lesen sie Zeitungsmeldungen der Tageszeitungen Gesellschafter und Schwarzwälder Tageszeitung. Die Arbeitsergebnisse entsprechend der beiden Arbeitsaufträge sichern die Schüler in Form einer Tabelle (Word-Dokument).

Quellennachweis:

Stadtarchiv Nagold/Horn, Klaus/Jeggle, Utz (Hg.). 2002. Verblassende Erinnerungen. Nagold und seine Landschaft im Schatten des Hakenkreuzes. Ein Lesebuch. Stuttgart: Staatsanzeiger-Verlag, S. 39.
Tageszeitungen: Der Gesellschafter und Schwarzwälder Tageszeitung »Aus den Tannen«

2. Stunde: Nagold als württembergische Hochburg der NSDAP

Einführung

Stiller Impuls der Reichstagswahlergebnisse des Deutschen Reiches, Württembergs, der Stadt und des Oberamts Nagold.

Arbeitsaufträge zur Hypothesenbildung:

Erarbeitung

Schüler lesen das Arbeitsblatt »Nagold als württembergische Hochburg der NSDAP« mit dem Infotext und dem Zeitungsausschnitt aus dem Gesellschafter vom 11.01.1933.

Leitfragen

  1. Die konnte die Stadt Nagold Hochburg der Nationalsozialisten in Württemberg werden?
  2. Welche Rollen spielten die beiden Abgeordneten für den Aufstieg der NSDAP?
  3. Welche Rolle spielte die wirtschaftliche Situation für den Aufstieg der NSDAP in der Region Nagold?
  4. Was geschah mit den missliebigen Gegnern der NSDAP?

Herausgearbeitet werden soll:

Quellennachweis:

Ackermann, Stefan. 1985. Nagold im Spiegel der Reichstagswahlelen 1871-1933, in: Stadt Nagold (Hg.) 1985. 1200 Jahre Nagold. Konstanz: Verlag Friedrich Stadler, S. 205
Stängle, Gabriel et al. 2017. »Wir waren froh, als es vorbei war.« Die Ausgrenzung und Verfolgung von Juden im Kreis Calw zwischen 1933-1945. Horb: Geiger Verlag, S. 15. NSDAP Nagold (Hg.). 1935. Kreistag der NSDAP Nagold. 30.11.-1.12.1935. Nagold: Zaiser, S. 7+14.
Horn, Klaus /Jeggle, Utz (Hg.). 2002. Verblassende Erinnerungen. Nagold und seine Landschaft im Schatten des Hakenkreuzes. Ein Lesebuch. Stuttgart: Staatsanzeiger-Verlag

3. und 4. Stunde: Die Phasen der NS-Judenverfolgung (Gruppenpuzzle)

Erarbeitung in Stammgruppen

Die Schüler bearbeiten arbeitsteilig vier unterschiedliche Arbeitsblätter über die vier Phasen der nationalsozialistischen Judenverfolgung:

Arbeitsaufträge:

Expertengruppen

In Vierergruppen stellen die Schüler sich die Ergebnisse ihrer untersuchten Phase gegenseitig vor. Jeweils ein Schüler präsentiert, die anderen notieren sich die Ergebnisse und stellen Verständnisfragen.

Evtl. Vertiefungsaufgaben fürs Plenum

Quellennachweis:

Staatsarchiv Sigmaringen Wü 65/7 T 2 Nr. 1208.
Staatsarchiv Sigmaringen Wü 65/21 T 3 Nr. 666.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart E 151/02 Bü 172.
Stadtarchiv Altensteig Standesregister.
NS-Hago-Gauamtsleitung. 1935. »Deutscher – Kaufe nicht beim Juden! Verzeichnis jüdischer Geschäfte in Württemberg und Hohenzollern.« Stuttgart: NS-Presse Württemberg GmbH, S. 8.
Gabeli. Helmut. 2011. »Evakuiert« – die Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern nach Riga im November/Dezember 1941, in: Gedenkstätten-Rundschau Nr. 7 November 2011
Der Gesellschafter vom 14.11.1938.
Kreisnachrichten Calw vom 02.02.1984.

5. Stunde: Gehasst, verfolgt und vertrieben – Der einzige Fall des Arierparagrafen in der Evang. Landeskirche in Württemberg

Einstieg

Der Artikel der SS-Zeitung »Flammenzeichen« vom 12.03.1938 kann eingeblendet werden:

»Wir hören, dass der Landesbischof den mit einer Volljüdin verheirateten Pfarrer Schmälzle in Neuweiler bei Calw zum Zwecke der Übernahme einer Auslandspfarrstelle aus dem Dienst der Landeskirche entlassen hat. Warum willst du fliehen, wozu wanderst du aus? Lass’ deine Jüdin ziehen und bleibe Du zu Haus.«

Erarbeitung

Die Schüler lesen das Arbeitsblatt »Gehasst, verfolgt, vertrieben« (M 11) und bearbeiten die Arbeitsaufträge.

Arbeitsaufträge:

  1. Aus welcher Schicht, bzw. aus welchem gesellschaftlichen Milieu stammen nach Schmälzles Beobachtung die Nationalsozialisten?
  2. Welche drei Ereignisse machten Schmälzle bei den Nationalsozialisten im Oberen Wald unbeliebt?
  3. Beschreibe die Aktivitäten der NSDAP zur Beseitigung Schmälzles aus seinem Amt.
  4. Hätte Schmälzle seine Stellung als Pfarrer halten können, wenn er sich konsequent auf keinerlei Konfrontation mit den Nationalsozialisten eingelassen hätte?

Diskussion der Arbeitsergebnisse

Möglichkeiten der Weiterarbeit und der Erinnerung (Projektarbeit)

Die Schülerinnen und Schüler führen Interviews mit Zeitzeugen.

Die Schüler überlegen, gestalten und realisieren Möglichkeiten der öffentlichen Erinnerung an die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Pfarrerehepaar Schmälzle (z.B. Zeitungsartikel, Gedenktafel, Erinnerungsfeier, Informationsveranstaltung).

Abschluss der Lernsequenz

Unterrichtsgespräch mit Reflexion der Arbeitsergebnisse. Die Ereignisse im Raum Nagold und Neuweiler werden in die Gesamtgeschichte des sog. Dritten Reichs eingeordnet.

Quellennachweis:

Hermle, Siegfried. 2006. Eine Pfarrfamilie im Schatten des Arierparagraphen, in: BWKG 106, S. 305-338.
Stängle, Gabriel et al. 2017. »Wir waren froh, als es vorbei war.« Die Ausgrenzung und Verfolgung von Juden im Kreis Calw zwischen 1933-1945. Horb: Geiger Druck.

Der Autor dieses Unterrichtsentwurfs, Gabriel Stängle, ist Herausgeber des Buchs »Wir waren froh, als es vorbei war – Die Ausgrenzung und Verfolgung von Juden im Kreis Calw zwischen 1933-1945«. Zur Vertiefung des Themengebiets Judenverfolgung im Nordschwarzwald ist dieses Buch sehr zu empfehlen.